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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung der Anlage D der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren

Vollzitat: Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung der Anlage D der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren vom 30. November 1995 (SächsABl. S. 1402)

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
zur Änderung der Anlage D der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren
(RiStBV)

Vom 30. November 1995

I.

Abschnitt II der Anlage D der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1991 (SächsABI. Nr. 14/91, S. 4) wird wie folgt neu gefaßt:

„II
Einsatz Verdeckter Ermittler und sonstiger nicht offen ermittelnder Polizeibeamter im Rahmen der Strafverfolgung

1
Grundsätzliches
1.1
Die qualitativen Veränderungen der Erscheinungsformen der Kriminalität, insbesondere der Organisierten Kriminalität, erfordern dieser Entwicklung angepaßte Methoden der Verbrechensbekämpfung
1.2
Zu ihnen gehört neben der Inanspruchnahme von Informanten und V-Personen auch der operative Einsatz Verdeckter Ermittler und sonstiger nicht offen ermittelnder Polizeibeamter.
2
Voraussetzungen und Verfahren
2.1
Der Einsatz Verdeckter Ermittler richtet sich nach den §§ 110a bis 110e Strafprozeßordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 4. November 1994 (BGBl. I S. 3346).
2.2
Verdeckte Ermittler dürfen keine Straftaten begehen. Eingriffe in Rechte Dritter sind ihnen nur im Rahmen der geltenden Gesetze gestattet. Als gesetzliche Generalermächtigung kann §34 Strafgesetzbuch (StGB) nicht herangezogen werden. Unberührt bleibt in Ausnahmefallen eine Rechtfertigung oder Entschuldigung des Verhaltens des einzelnen Polizeibeamten zum Beispiel unter den Voraussetzungen der§§ 34, 35 StGB.
2.3
Bei Verletzung von Rechtsgütern, die zur Disposition des Berechtigten stehen, kann die Rechtswidrigkeit auch unter dem Gesichtspunkt der mutmaßlichen Einwilligung entfallen.
2.4
Die Entscheidung über die Zustimmung der Staatsanwaltschaft trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders bezeichneter Staatsanwalt. Im Polizeibereich werden Regelungen getroffen, die die Entscheidung über den Einsatz auf einer möglichst hohen Ebene vorsehen, zumindest auf der Ebene des Leiters der sachbearbeitenden Organisationseinheit
2.5
Beim Einsatz auftretende materiell- oder verfahrensrechtliche Probleme trägt die Polizei an die Staatsanwaltschaft heran. Die Staatsanwaltschaft trifft ihre Entscheidungen in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit der Polizei.
2.6
Der Verdeckte Ermittler ist von der Strafverfolgungspflicht gemäß § 163 StPO nicht befreit.
2.6.1
Aus kriminaltaktischen Erwägungen können Ermittlungsmaßnahmen, die in den Auftrag des Verdeckten Ermittlers fallen, zurückgestellt werden.
2.6.2
Neu hinzukommenden zureichenden Anhaltspunkten für strafbare Handlungen braucht der Verdeckte Ermittler solange nicht nachzugehen, als dies ohne Gefährdung seiner Ermittlungen nicht möglich ist; dies gilt nicht, wenn sofortige Ermittlungsmaßnahmen wegen der Schwere der neu entdeckten Tat geboten sind.
2.6.3
In den Fällen der Nummern 2.6.1 und 2.6.2 ist die Zustimmung der Staatsanwaltschaft herbeizuführen. Kann die Zustimmung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so ist die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten. Nummer 2.5 gilt entsprechend.
2.7
Die Staatsanwaltschaft fertigt über die Gespräche mit der Polizei, über die Mitwirkung des Verdeckten Ermittlers und über die getroffenen Entscheidungen – ohne Nennung des Namens des Verdeckten Ermittlers – Vermerke, die gesondert zu verwahren sind. Vertrauliche Behandlung ist sicherzustellen. Die Polizei verfährt entsprechend.
2.8
Die Entscheidungen nach § 110d StPO trifft die Staatsanwaltschaft im Benehmen mit der Polizei. Nummer 2.4 Satz 1 gilt entsprechend. Die Staatsanwaltschaft setzt die Polizei über ihre Entscheidung vor deren Ausführung in Kenntnis.
2.9
Die Ermittlungstätigkeit sonstiger nicht offen ermittelnder Polizeibeamter richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen. Ergibt sich im Einzelfall die Notwendigkeit, deren Identität im Strafverfahren geheimzuhalten, so ist für den Einsatz die Zustimmung der Staatsanwaltschaft einzuholen.
Ist diese nicht rechtzeitig zu erlangen, ist die Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten; sie entscheidet, ob der Einsatz fortgeführt werden soll. Der Staatsanwalt, der für die Entscheidung über die Zustimmung zu dem Einsatz zuständig ist, kann verlangen, daß ihm gegenüber die Identität des nicht offen ermittelnden Polizeibeamten offenbart wird. Geheimhaltung ist zu gewährleisten.“

II.

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 1996 in Kraft.

Dresden, den 30. November 1995

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann

Der Staatsminister des Innern
Klaus Hardraht

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 1995 Nr. 57, S. 1402

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Januar 1995

    Fassung gültig bis: 30. April 2015