Verordnung
der Sächsischen Staatsregierung
zur Einrichtung einer Härtefallkommission nach dem Aufenthaltsgesetz
(Sächsische Härtefallkommissionsverordnung – SächsHFKVO)
Vom 11. Juli 2005
Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2010
Aufgrund von § 23a Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818, 1825) geändert worden ist, wird verordnet:
§ 1
Einrichtung
(1) Beim Staatsministerium des Innern wird eine Härtefallkommission nach § 23a Abs. 1 AufenthG eingerichtet.
(2) Der Staatsminister des Innern ernennt nach Prüfung der Eignung nach Satz 4 acht Mitglieder. Je ein Mitglied wird auf Vorschlag der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, des Bistums Dresden-Meißen, des Sächsischen Flüchtlingsrates e. V., der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen, des Staatsministeriums des Innern, des Staatsministeriums für Soziales, des Sächsischen Städte- und Gemeindetages e. V. und des Sächsischen Landkreistages e. V. ernannt. Für jedes Mitglied ist ein Vertreter vorzuschlagen und zu ernennen. Die vorgeschlagenen Mitglieder und ihre Vertreter sollen über Kenntnisse des Aufenthalts- und Asylrechts oder über Erfahrungen in der Flüchtlingsberatung verfügen. Die Ernennungen der Mitglieder und der Vertreter erfolgen für zwei Jahre; Wiederernennungen sind zulässig.
(3) Der Ausländerbeauftragte ist für die Dauer seiner Amtszeit Mitglied der Härtefallkommission, sofern er schriftlich sein Einverständnis gegenüber dem Staatsministerium des Innern mitgeteilt hat; er benennt einen Vertreter.
(4) Die Mitglieder der Härtefallkommission sind ehrenamtlich tätig und unterliegen keinen Weisungen. Sie haben auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit über die ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren.
(5) Die Härtefallkommission wählt aus ihrer Mitte mit der Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder einen Vorsitzenden und einen stellvertretenden Vorsitzenden. Die konstituierende Sitzung der Härtefallkommission beruft der Staatsminister des Innern ein.
§ 2
Aufgaben
Die Härtefallkommission wird ausschließlich im Wege der Selbstbefassung tätig. Sie entscheidet mit der Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder, ob das Staatsministerium des Innern ersucht wird, einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn nach ihren Feststellungen dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen. Mit dem Härtefallersuchen legt die Härtefallkommission dem Staatsministerium des Innern ihre Feststellungen zu den in Satz 2 genannten Gründen schriftlich dar. Das Staatsministerium des Innern unterrichtet die Härtefallkommission über seine Entscheidung; eine Ablehnung ist schriftlich zu begründen und vorab der Härtefallkommission zu übermitteln.
§ 3
Ausschlussgründe
(1) Die Härtefallkommission befasst sich nicht mit Verfahren, wenn
- 1.
- Behörden im Freistaat Sachsen für die Erteilung und Verlängerung eines Aufenthaltstitels nicht zuständig sind;
- 2.
- nur Gründe geltend gemacht werden, die bereits in einem Gerichts- oder Petitionsverfahren überprüft wurden;
- 3.
- hinsichtlich der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren anhängig ist, soweit nicht lediglich die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen Gegenstand ist;
- 4.
- sich die Sach- oder Rechtslage nicht wesentlich zugunsten des Ausländers geändert hat, nachdem
a)der Vorsitzende nach § 4 Abs. 1 Satz 3 eine Befassung abgelehnt hat und hierüber keine Entscheidung der Härtefallkommission nach § 4 Abs. 1 Satz 4 herbeigeführt wurde oderb)die Härtefallkommission durch Entscheidung nach § 4 Abs. 1 Satz 4 eine Befassung abgelehnt hat oder die Härtefallkommission nach § 2 Satz 2 entschieden hat;
- 5.
- der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung ein Ausweisungsgrund nach § 54 Nr. 5, 5a oder 6 AufenthG zugrunde lag, der Ausländer nach § 54 Nr. 5, 5a oder 6 AufenthG bereits ausgewiesen wurde oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG ergangen ist oder
- 6.
- keine Einwilligung des betroffenen Ausländers nach § 4 des Gesetzes zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt.
(2) Die Härtefallkommission befasst sich in der Regel nicht mit Verfahren, wenn
- 1.
- der Ausländer gegen Mitwirkungspflichten verstößt oder auf andere Weise behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinauszögert, behindert oder die Ausländerbehörden über aufenthaltsrechtlich bedeutsame Umstände täuscht;
- 2.
- der Ausländer in den letzten drei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Jugend- oder Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 180 Tagessätzen verurteilt wurde;
- 3.
- ein Petitionsverfahren anhängig ist oder
- 4.
- der Ausländer nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes zu sichern; dabei bleiben Kindergeld und Erziehungsgeld sowie öffentliche Mittel, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt zu ermöglichen, außer Betracht. Dieser Ausschlussgrund entfällt, wenn der Träger der öffentlichen Mittel schriftlich sein Einverständnis in die Behandlung als Härtefall erklärt hat, oder eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG abgegeben wurde, die den Lebensunterhalt für die Dauer des Aufenthalts, höchstens bis zu fünf Jahren, sichern kann. Der Verpflichtungsgeber muss über ausreichende finanzielle Mittel zur Erfüllung der Erstattungspflicht aus der Abgabe dieser Verpflichtungserklärung verfügen.
(3) Gründe, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu prüfen sind, berücksichtigt die Härtefallkommission bei ihrer Entscheidung nicht.
§ 4
Verfahren
(1) Das Verfahren beginnt mit dem Eingang des Selbstbefassungsantrages eines Mitglieds der Härtefallkommission bei dem Vorsitzenden. Der Vorsitzende kann bei Bedarf weitere Unterlagen anfordern. Der Vorsitzende entscheidet mit schriftlicher Begründung, ob einer Befassung ein Ausschlussgrund nach § 3 entgegensteht und unterrichtet die Mitglieder der Härtefallkommission über seine Entscheidung. Bei Bedenken eines Mitglieds der Härtefallkommission entscheidet die Härtefallkommission mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder, ob sie sich dennoch mit der Angelegenheit befasst.
(2) Das Verfahren endet, wenn
- 1.
- der Vorsitzende nach Absatz 1 Satz 3 eine Befassung abgelehnt hat und hierüber keine Entscheidung der Härtefallkommission nach Absatz 1 Satz 4 herbeigeführt wurde;
- 2.
- die Härtefallkommission durch Entscheidung nach Absatz 1 Satz 4 eine Befassung abgelehnt hat;
- 3.
- die Härtefallkommission eine Entscheidung nach § 2 Satz 2 getroffen hat oder
- 4.
- ein Verfahren länger als drei Monate bei der Härtefallkommission anhängig ist, ohne dass das Vorliegen eines Härtefalls festgestellt wurde.
(3) Die Härtefallkommission verhandelt und entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung. Sie kann weitere Personen anhören.
(4) Die Härtefallkommission gibt sich eine Geschäftsordnung, in der insbesondere zu regeln sind:
- 1.
- die Aufgaben des Vorsitzenden;
- 2.
- das Verfahren, insbesondere Einberufung, Leitung der Sitzung und Beschlussfähigkeit;
- 3.
- die Geschäftsführung und
- 4.
- der Umfang der neben der schriftlichen Stellungnahme der unteren Ausländerbehörde der Härtefallkommission zur Entscheidungsfindung vorzulegenden Unterlagen.
§ 5
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 30. Juni 2010 außer Kraft. 1
Dresden, den 11. Juli 2005
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Georg Milbradt
Der Staatsminister des Innern
Dr. Thomas de Maizière