Geschäftsordnung
des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen

Vom 14. Oktober 1993

Rechtsbereinigt mit Stand vom 26. April 2013

Aufgrund des § 10 Abs. 2 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen (Sächsisches Verfassungsgerichtshofsgesetz – SächsVerfGHG) vom 18. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 177) hat der Verfassungsgerichtshof folgende Geschäftsordnung beschlossen:

Erster Teil
Organisation und Verwaltung des Verfassungsgerichtshofes

§ 1
Sitz des Verfassungsgerichtshofes

Der Verfassungsgerichtshof hat seinen Sitz in Leipzig und befindet sich im Gebäude des Landgerichts Leipzig.

§ 2
Verwaltung und Außenvertretung

(1) Der Verfassungsgerichtshof berät und beschließt über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die seine Stellung und seine Arbeitsbedingungen betreffen. Wird über eine die allgemeine Stellung der Stellvertreter berührende Frage beschlossen, so nehmen diese mit beratender Stimme an der Sitzung teil.

(2) Der Präsident vertritt den Verfassungsgerichtshof nach außen und führt die Verwaltung.

(3) Der Präsident unterrichtet die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und die Stellvertreter über alle wichtigen Vorgänge, die sie oder den Verfassungsgerichtshof berühren.

(4) Der Präsident wird durch den Referenten des Verfassungsgerichtshofes unterstützt.

§ 3
Amtstracht

Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes tragen in den zur mündlichen Verhandlung und zur Verkündung bestimmten Sitzungen eine Robe aus grünem Stoff mit dunkelgrünem Samtbesatz. Diese Regelung gilt entsprechend für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

§ 4
Amtssiegel

Der Verfassungsgerichtshof führt ein Siegel mit dem kleinen Landeswappen und der Unterschrift „Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen“. Soweit es sich nicht um Aufgaben der Rechtsprechung handelt, führt der Verfassungsgerichtshof ein Siegel mit dem kleinen Landeswappen und der Unterschrift “Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes”.

§ 5
Geschäftsstelle

Bei dem Verfassungsgerichtshof wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.

§ 6
Verlautbarungen

(1) Dem Präsidenten obliegt die Information der Öffentlichkeit.

(2) Verlautbarungen des Verfassungsgerichtshofes sind grundsätzlich schriftlich festzuhalten; ihre Herausgabe veranlaßt der Präsident. Schriftliche Verlautbarungen über abgeschlossene Verfahren sollen im Einvernehmen mit dem Berichterstatter erfolgen.

§ 7
Veröffentlichungen

Eine Veröffentlichungskommission bestimmt, welche der Entscheidungen in einer autorisierten Sammlung veröffentlicht werden.

§ 8
Wissenschaftliche Mitarbeiter

Der Verfassungsgerichtshof wird durch wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützt, die der Präsident im Benehmen mit dem Berichterstatter bestimmt.

Zweiter Teil
Besetzung des Verfassungsgerichtshofes/
Mitwirkung der Richter

§ 9
Vorrangregelung

Die Tätigkeit als Richter des Verfassungsgerichtshofes geht jeder anderen Tätigkeit vor.

§ 10
Ablehnung eines Verfassungsrichters

Wird ein Mitglied einer Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet der Verfassungsgerichtshof.

§ 11
Verschwiegenheit

Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind zu Verschwiegenheit verpflichtet. Sie haben die ihnen während eines Verfahrens in Urschrift oder Abschrift zugehenden Schriftstücke geheim zu halten.

§ 12
Berichterstatter

(1) Jedes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann zum Berichterstatter bestellt werden.

(2) Verfassungsbeschwerden werden fortlaufend auf die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes in deren alphabetischer Reihenfolge als Berichterstatter verteilt; der Geschäftsverteilungsplan regelt, inwieweit der Präsident in die Verteilung der Berichterstattungen einbezogen wird. Von der alphabetischen Reihenfolge kann im Einvernehmen mit dem abgebenden und dem aufnehmenden Berichterstatter, der derselben Kammer angehört, abgewichen werden, wenn dies für einen geordneten Verfahrensgang erforderlich ist. Der Präsident stellt den Berichterstatter fest. Wird die Entscheidung der Kammer übertragen, entscheidet die Kammer, der der Berichterstatter angehört.

Im übrigen bestimmt der Präsident den Berichterstatter. Bei Bedarf kann ein Mitberichterstatter bestimmt werden.

§ 12a
Beschwerdekammer

(1) Den Vorsitz der Beschwerdekammer führt das dienstälteste Kammermitglied.

(2) Für ein ausscheidendes Kammermitglied rückt das dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensältere Mitglied des Verfassungsgerichtshofs nach.

(3) Die Mitglieder der Beschwerdekammer werden durch die übrigen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs in der Reihenfolge ihres Dienstalters vertreten. Bei mehreren Mitgliedern mit gleichem Dienstalter entscheidet das Lebensalter.
(4) Das Dienstalter bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Wahl, seit der der Verfassungsrichter dem Verfassungsgerichtshof ununterbrochen als Mitglied angehört. 1

§ 13
Verhinderung

(1) Die ordentlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes unterrichten den Präsidenten, falls sie durch Urlaub, Krankheit oder aus anderen wichtigen Gründen an der Mitwirkung im Verfassungsgerichtshof gehindert sein werden.

(2) Der Präsident stellt die Verhinderung aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des Absatzes 1 förmlich fest.

Dritter Teil
Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

§ 14
Zustellungen und Ladungen

Zugestellt und geladen wird von Amts wegen entsprechend der Verwaltungsgerichtsordnung.

§ 15
Akteneinsicht

(1) Vorbereitende Schriftstücke der Richter sind nicht Bestandteil der Verfahrensakten. Sie sind in besonderem Umschlag zusammen mit den Akten aufzubewahren.

(2) Anderen Personen als den Beteiligten kann in besonderen Fällen ausnahmsweise Akteneinsicht gewährt werden, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und die Belange der Beteiligten, Dritter, des Staates oder die Erfordernisse des Verfahrens nicht entgegenstehen.

§ 16
Mündliche Verhandlung

(1) Den Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt der Präsident.

(2) Zur mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten von Amts wegen mit einer Frist von zwei Wochen zu laden. In dringenden Fällen kann der Präsident die Frist abkürzen.

(3) Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird durch einen von dem Präsidenten zu bestimmenden Urkundsbeamten der Geschäftsstelle aufgenommen. Sie wird von dem Präsidenten und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnet. 2

§ 17
Beratung und Abstimmung; Umlaufverfahren

(1) Der Berichterstatter legt dem Vorsitzenden ein schriftliches Votum, in geeigneten Fällen einen begründeten Entscheidungsentwurf vor. Der Vorsitzende übermittelt den zuständigen Richtern den Vorschlag sowie, soweit sachdienlich, verfahrens- und entscheidungserhebliche Schriftstücke.

(2) Zwischen der Verteilung des Votums und der Beratung oder der mündlichen Verhandlung sollen mindestens zehn Tage liegen.

(3) Jeder Richter, der an der Entscheidung mitgewirkt hat, kann bis zu deren Verkündung oder bis zu deren Ausfertigung zum Zwecke der Zustellung die Fortsetzung der Beratung verlangen, wenn er seine Stimmabgabe ändern will; er kann die Fortsetzung der Beratung beantragen, wenn er bisher nicht erörterte Gesichtspunkte vortragen möchte.

(4) Hält der Vorsitzende in Fällen, die keine mündliche Verhandlung erfordern, eine Entscheidung im Wege des Umlaufs für angezeigt, so kann er jedem mitwirkenden Richter einen von ihm unterzeichneten Entscheidungsentwurf übersenden. Jeder Richter sendet den ihm übersandten Entwurf mit seiner Unterschrift versehen zurück, wenn er nicht eine Beratung verlangt. Der Beschluß kommt mit Eingang der Zustimmung aller Richter zustande. 3

§ 18
Entscheidung

(1) Entscheidungen, die aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen sind, erhalten das Datum des Termins, an dem sie verkündet werden; andere Entscheidungen erhalten das Datum des Tages, an dem sie beschlossen worden, im Fall des Umlaufverfahrens zustande gekommen sind.

(2) Die Richter, die an einer Entscheidung mitgewirkt haben, sind im Rubrum mit ihrem Namen in folgender Reihenfolge auf zuführen: Präsident, Vizepräsident, danach die anderen Mitglieder in alphabetischer Reihenfolge.

(3) Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies vom Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung vom Vizepräsidenten oder vom ältesten mitwirkenden Verfassungsrichter unter der Entscheidung vermerkt.

(4) Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in der Entscheidung kann der Vorsitzende berichtigen.

Vierter Teil
Register

§ 19
Verfahrensregister

Die Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes führt ein Verfahrensregister, in das die Sachen in der Reihenfolge ihres Einganges jahrgangsweise eingetragen werden, sowie einen Geschäftskalender, in dem die Termine für mündliche Verhandlungen und Fristen vermerkt werden.

§ 20
Allgemeines Register

(1) Anträge und Eingaben an den Verfassungsgerichtshof, die nicht auf eine Rechtsprechungstätigkeit des Verfassungsgerichtshofes gerichtet sind, werden in einem allgemeinen Register erfaßt. Sie werden vom Präsidenten als Verwaltungsangelegenheiten bearbeitet.

(2) Die Entscheidung darüber, ob ein Vorgang in das allgemeine Register einzutragen ist, trifft der Präsident.

Fünfter Teil
Schlußvorschriften

§ 21
Änderung der Geschäftsordnung

(1) Über eine Änderung der Geschäftsordnung beschließt der Verfassungsgerichtshof mit der Mehrheit der mitwirkenden Mitglieder (§ 8 Abs. 3 Satz 2 SäHO).

(2) Jeder Verfassungsrichter kann die Änderung der Geschäftsordnung beantragen. Der Antrag soll schriftlich gestellt werden, einen Formulierungsvorschlag und eine Begründung enthalten.

§ 22
Inkrafttreten der Geschäftsordnung

Die Geschäftsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft.

Leipzig, den 14. Oktober 1993

Dr. Hirsch
Prof. Dr. Meissner
Georgii
Graf von Keyserlingk
Knoth
Prof. Dr. von Mangoldt
Schlichting
Prof. Dr. Schneider
Prof. Dr. Trute

Änderungsvorschriften

Erste Änderung der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen

vom 13. Dezember 1996 (SächsGVBl. S. 112)

Zweite Änderung der Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen

vom 26. April 2013 (SächsGVBl. S. 327)